
Wissenschaftler warnen vor Gentechnik-Moratorium
Über 100 Wissenschaftler warnen vor einem weltweitem Moratorium für genetische Technologien im Naturschutz und befürchten, dass eine solche Einschränkung der wissenschaftlich-technologischen Möglichkeiten etwa im Bereich der synthetischen Biologie mehr schade, als nütze.
Mehr als 100 führende Wissenschaftler aus über 30 Ländern haben sich in einem offenen Brief gegen ein vorgeschlagenes weltweites Moratorium zur Anwendung genetischer Technologien im Naturschutz ausgesprochen. Anlass ist die bevorstehende Abstimmung über „Motion 133“ auf dem IUCN-Weltkongress für Naturschutz im Oktober 2025 in Abu Dhabi (IUCN steht für International Union for Conservation of Nature, wurde 1948 gegründet und gilt als weltgrößte Naturschutzorganisation).
Die Unterzeichner – viele davon aus internationalen Naturschutzorganisationen – befürchten, dass ein Moratorium dringend benötigte Forschung und Innovation behindern würde, gerade in einer Zeit, in der die weltweite Biodiversität massiv unter Druck steht. Bereits heute gelten rund eine Million Arten als vom Aussterben bedroht. Bestehende Schutzmaßnahmen stoßen angesichts zunehmender Bedrohungen wie Lebensraumverlust, invasive Arten, Krankheiten und Klimawandel an ihre Grenzen.
Genetische Werkzeuge, insbesondere aus dem Bereich der Synthetischen Biologie, könnten neue Möglichkeiten eröffnen, um invasive Arten oder tödliche Krankheiten gezielt zu bekämpfen, bedrohte Arten zu schützen oder geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen. Beispiele sind gentechnisch veränderte Bakterien zur Bekämpfung der Korallenbleiche oder genetische Anpassungen bei Amphibien zur Abwehr tödlicher Pilzkrankheiten.
Auch im Bereich der öffentlichen Gesundheit könnten solche Technologien hilfreich sein, etwa im Kampf gegen Malaria. „Ein Forschungsstopp käme einem Rückschritt gleich – sowohl für den Naturschutz als auch für die globale Gesundheit“, betont Dr. Piero Genovesi, Mitunterzeichner und Leiter des IUCN-Fachausschusses für invasive Arten.
Die Unterzeichner befürworten stattdessen den vorsorgenden, aber wissenschaftsbasierten Ansatz von „Motion 087“, der eine fallbezogene Bewertung genetischer Anwendungen vorsieht. Ein pauschales Moratorium würde laut Brief eine wichtige wissenschaftliche Debatte unterdrücken und den Zugang zu potenziell lebensrettenden Technologien verhindern. Der offene Brief wurde unter anderem von Experten des Environmental Defense Fund, Imperial College London, Australian Wildlife Conservancy und Speak Up Africa unterstützt.